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Gesetz in Frankreich und seinen drei verbündeten Staaten allein durch eine Zauberformel dem Markte die alten Preise

aufnötigen könne. Aber, meinte man, wenn alle grossen Staaten Gemeinsames vorschrieben, müsste der Marktpreis sich darnach richten. So entstand der Ruf nach dem "Quinze et demi universel," wie Cernuschi es taufte. Amerika, welches trotz aller nach Europa verpflanzten Bewegung doch das vorherrschende Stammland des Währungskampfes bis auf diesen Tag geblieben ist, bemächtigte sich nun dieses Hebels und betrieb die Berufung der ersten internationalen Konferenz zu Währungszwecken seit der Wiederherstellung des europäischen Friedens. Vorher, im Jahre 1876 hatte England schon für sich eine umständliche Enquete über die Frage angestellt, die resultatlos verlief. Im Jahre 1878 trat nun, auf das Verlangen der amerikanischen Regirung, die Konferenz in Paris zusammen. Deutschland hielt sich fern. Alle Reden und Anstrengungen, eine Vereinbarung auf dem Fuss des Allheilmittels von I zu 151⁄2 zu Wege zu bringen, scheiterten elendiglich. Ebenso endigte ein neuer Versuch 1881. Diesmal hatten die Amerikaner die Einberufung hauptsächlich Cernuschi zu verdanken. Es war unter dem radikalen Kabinett Freycinet, da zugleich Gambetta auf der Höhe seines Einflusses stand. Cernuschi war von jeher ein eifriger Gambettist gewesen, hatte aus seinem ansehnlichen Vermögen der Parteisache grosse Opfer gebracht. Sein Einfluss hatte entscheidend bei dem Zustandekommen der Konferenz mitgewirkt. Er wurde als Hauptrepräsentant Frankreichs Mitglied derselben. Wenn jemals, so war dem heissblütigen und zungenfertigen Vater des Bimetallismus Gelegenheit gegeben, sein grosses Problem zur Lösung zu führen. Selbst Deutschland, wo Fürst Bismarck für die Lockungen der Silberleute nicht mehr ganz harthörig war, hatte sich, wenn auch noch mit vorsichtiger Zurückhaltung, beteiligt. Es half alles nichts. Der wiederholte Anlauf brach sich an der unlösbaren Natur des Problems. Mittlerweile nahmen die Kämpfe auf ihrem klassischen Boden in Amerika ihren weiteren Verlauf. Im Jahre 1878 hatte die Silberpartei eine Bresche in die Gesetzgebung von 1873 durch die sogenannte Blandbill gelegt, welche eine jährliche Minimalprägung von

24 Millionen Silberdollars vorschrieb. Auch in Deutschland war in die Gesetzegebung von 1873 eine Bresche gelegt worden. Bismarck hatte sich durch silberfreundliche Einflüsse bereden lassen, die Abstossung von Silberthalern zu suspendiren, welche allein am Fallen des Preises Schuld sein. sollte. Beide Maassregeln schädigten das Münz- und Kreditwesen beider Länder, ohne den Niedergang des Silbers aufzuhalten. Noch einmal entschloss sich auch die englische Regirung 1886/87, mehr als bisher von den für Indien. erwachsenen Schwierigkeiten bedrängt, eine Enquete über den Gegenstand zu veranstalten. Sie blieb resultatlos. Ebenso erging es einer freiwilligen internationalen Münzkonferenz, die 1889 in Paris inscenirt wurde. Bereits im Jahre 1882 hatte eine solche in Köln dasselbe Schicksal gehabt. Nichts desto weniger entschloss sich die amerikanische Regirung im Jahre 1891 von Neuem, den europäischen Mächten eine Konferenz behufs eines nochmaligen Anlaufs zu einem internationalen Währungsvertrag vorzuschlagen. Wie in früheren Fällen war es weniger der Glaube an den Erfolg als die Absicht, den Silberleuten zu ihrer einstweiligen Beschwichtigung einen Brocken hinzuwerfen, die den Anstoss gegeben hatte. Zögernd und ungläubig gaben die europäischen Regirungen ihre Einwilligung, kläglich ging die in Brüssel versammelte Konferenz Ende 1892 wieder auseinander. Da begriffen selbst diejenigen englischen Staatsmänner, welche bis dahin immer noch für die Möglichkeit gekämpft hatten, Indiens Silberinteressen durch einen internationalen Doppelwährungsbund zu retten, dass Hoffen und Harren sie zu Narren mache. So entschlossen sie sich, die Freiprägung von Silber sogar in Indien abzuschaffen. Damit war der Schicksalsspruch besiegelt. Amerika musste es nolens volens auch begreifen. Nach einem heftigen parlamentarischen Kampf beseitigte es 1893 die sogenannte Shermanbill, welche drei Jahre vorher den von von Staatswegen zu betreibenden Aufkauf von Silber noch bedeutend gegen die Vorschriften der Blandbill gesteigert hatte. Endlose mit dem äussersten Kraftaufgebot fortgesetzte Bemühungen, das alte Verhältniss von I zu 151⁄2 durch vertragsmässige Gesetzgebung wieder herzustellen, waren nun definitiv begraben. Da entschloss

sich alles, was mit Inflationismus und Silber, mit wüsten sozialistischen Begehrlichkeiten Begehrlichkeiten zusammenhing, zu ciner grossen Entscheidungsschlacht, die nicht mehr auf internationalem, sondern im vollen Gegensatz dazu, auf nationalamerikanischem Gebiet geschlagen werden sollte. Bis dahin hatte man im Verlauf einer seit 20 Jahren mit allen Mitteln ausgerüsteten Agitation diesseits und jenseits des Meeres für die Lehre gearbeitet, dass die Abwendung des Kulturgangs vom Gebrauch des schweren Silbergeldes ein Unglück für die Menschheit, insbesondere für die ärmeren Klassen und für den Landbau sei, dass das ehemalige Wertverhältnis aber nur auf gegenseitigen Verbriefungen zwischen allen Nationen wieder herzustellen sei. Jetzt kehrte man auf einmal die Losung um. Jetzt sollte sich Amerika auf eigene Füsse stellen, Trotz und Feindschaft gegen das "versklavte " Europa, insbesondere gegen das böse England aufpflanzen und aus eigner Macht das Silber auf das Zweifache des jetziges Preises für alle Zeit emporheben. Zu dem Schlachtruf für das Silber, für den Landwirt, für den Schuldner sollte, über alles triumphirend, der Appell an den Patriotismus hinzutreten, an die Macht und Hoheit des Volkes der Vereinigten Staaten, an seine Unabhängigkeit und Freiheit, an den ganzen Stolz und die ganze Herrlichkeit der neuen Welt. Das waren soviel Trümpfe in einer Hand, dass die grosse demokratische Partei sich verführen liess, den Sieg ihrer Partei im Kampf um die Präsidentenschaft an diese Fahne zu heften.

Nun hat auch dieser gigantische Kampf mit einer zerschmetternden Niederlage der um das Silberbanner vereinigten Interessen und Phantasien geendet. Er ist auf demselben Boden ausgefochten worden, aus dem er entsprungen ist, auf amerikanischem. Die, welche in Europa laut zum Himmel für Bryans Sieg gefleht hatten, suchen sich jetzt nach dieser Niederlage mit der Ausflucht zu retten, sie hätten gar kein freies Silber gewollt, nur internationalen Bimetallismus, und zu diesem hätte sich McKinley und seine Platform bekannt. Seit 20 Jahren wird dieser inflationistische Silberkampf mit Rabulisterei geführt, wie sollte man zur Rettung nach dieser schweren Niederlage um eine neue Redewendung verlegen gewesen sein! In Wirklichkeit hat im ganzen Verlauf des

Kampfes kein Mensch vom internationalen Geld gesprochen. Das war eben abgetan. Weil es hoffnungslos begraben war, nach allen seit 20 Jahren veranstalteten Kongressen und Enqueten, weil mit dieser Zauberformel kein Hund mehr vom Ofen zu locken war, ebendarum hatten ja die Silberleute jetzt alles auf die nationale Karte gesetzt. Dem Ruf nach vertragsmässiger Doppelwährung war schon alle Hoffnung entschwunden. Ein neuer, unwiderstehlicher sollte statt dessen ergehen, nicht mehr an das schnöde alte Europa mit seinen Königen und Aristokraten und seinem 152, sondern an Amerika, das freie, gewaltige mit seinem 16. Nun auch dieses kühne Spiel misslungen ist, bei dessen Gelingen alle bimetallistischen Rufer im Streit Hosiannah gesungen hätten, nun wollen sie uns weiss machen, diese Niederlage sei der von ihnen ersehnte Sieg. Was Wunder! Von solchen Künsten haben sie immer gelebt. Sie versprachen, das Getreide zu verteuern, indem sie das Geld verschlechterten; sie drohten, das Gold werde ausgehen, grade che neue Schätze in Fülle aus der Erde zu strömen begannen; sie redeten den Armen ein, die Reichen seien ihre Gläubiger, und könnten durch Halbirung der Schulden um die Hälfte betrogen werden, sie vergassen, dass schon ein altes Sprichwort sagt: on ne prète qu'aux riches. Was haben sie nicht alles versprochen, gedroht, prophezeit! Im Grunde hat nie der praktische Verstand an die vertragsmässige Hebung des Silbers glauben können. Es war immer nur verdrehte oder verschlagene Klügelei. In Amerika vollends hat man immer nur den Gang nach internationalen Konferenzen betreten, als es galt, unbequemen Verbündeten den Mund zu stopfen, ut aliquid fiat. Im Ernst hat es nie mehr bedeutet.

Und der letzte entscheidende Kampf ist geschlagen worden nicht zwischen Freisilber und Vertragssilber, sondern zwischen gesundem, ehrlichem Geld und gefälschtem, künstlich erhöhtem Geld. Gesundes Geld, das war der Ruf, und honettes Geld, d. h. Geld, das nicht auf Vertrag steht und nicht auf Dekret, sondern auf sich und seinem eigenen innern Wert.

Es wird noch weiter gestritten werden. Natürlich! Wie sollte es nicht? Eine so tief einschneidende Veränderung im tausendjährigen Brauch der Menschen verläuft nicht ohne

Widerstand, ohne Kämpfe und Krämpfe. Man muss sich im Grunde wundern, dass es so rasch und glatt bis jetzt verlaufen ist, ja sogar ohne Rückschläge. Und wenn nicht alles täuscht, so wird es in Zukunft noch rascher und glatter gehen. Auch daran sehen wir, in welcher Zeit schneller Entwicklung wir leben.

L. BAMBERGER.

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