Imágenes de páginas
PDF
EPUB
[merged small][ocr errors]

Das „unumschränkte" Königtum Ludwigs XIV.

Mit Übersicht der Litteratur

[blocks in formation]

Das „unumschränkte" Königtum Ludwigs XIV.

Motto:

Will der Historiker immer und überall neu sein, so wird er notwendig unwahr. Treitschke.

Man pflegt in unseren Geschichtswerken die Jahre von 1648 bis 1789 als das Zeitalter der absoluten Monarchie zu bezeichnen. Zunächst denkt man dabei an das Königtum Ludwigs XIV und seiner Nachfolger. Einmal ist das persönliche Vorbild des Franzosenkönigs von Bedeutung für die politische Entwicklung des obigen Zeitraums geworden; mehr noch hat die Theorie, womit man in Frankreich die Berechtigung der absoluten Monarchie zu begründen suchte, auf Zeitgenossen und nachfolgende Geschlechter gewirkt. Denn wenige Herrscher waren mehr von dem Bewusstsein ihrer Stellung durchdrungen, vielleicht nie ist diese Stellung so im Einklang mit der Meinung der gebildeten Kreise des Volkes gewesen, wie es in dem Frankreich Ludwigs XIV, wenigstens während der ersten Hälfte seiner Regierung, der Fall war. Man konnte damals schreiben, man habe in Frankreich eine vollkommene Religion in der katholischen, einen vollkommenen Gott in dem des Descartischen Systems, eine vollkommene Regierung in der erblichen absoluten Monarchie, einen vollkommenen König in Ludwig XIV.) So schien Ludwig der französische König im höchsten Sinne.) Es war dies nicht zu verwundern. Die Zeit der Verwaltung Colberts (1661-1683) war eine für Frankreich glückliche. Nach den Unruhen der Fronde war im Innern Ruhe eingetreten, Handel und Wandel blühten auf, Kunst und Wissenschaft hatten eine glänzende Periode, der Ruhm Frankreichs nach aufsen war im Wachsen begriffen. So suchte man denn in der bestehenden Regierungsform den Grund für diese glücklichen Zustände. Man war mit dem Gegebenen zufrieden und meinte, die beste Regierungsform sei die, unter der man geboren ist, am sichersten sei es, sich der zu unterwerfen.3) So konnte denn eine politische Ansicht, die in allgemeiner Form nachzuweisen suchte, dafs das Bestehende zugleich das Vernünftige und allgemein giltige sei, des Beifalls der herrschenden Kreise sicher sein. Dazu kam, dafs diese Ideen in der Vergangenheit vielfache Anknüpfungspunkte fanden. Da waren die theologische Ansicht von dem König als dem auserwählten Mann Gottes, die des römischen Kaiserreichs von der unbegrenzten Gewalt des princeps, in dem sich der Staat verkörpert, und die von dem allgemeinen Suzerän des mittelalterlichen Lehnsstaates zugleich erfüllt.*)

Ihren klassischen Ausdruck hat diese Theorie nun in den Schriften Bossuets gefunden, namentlich in der politique sacrée tirée des propres paroles de la Sainte-Écriture«.

1) Cordemoi bei St. Allaire. I. 49. 3) La Bruyère bei St. Allaire. I. 295.

*) Goethe, Anmerkungen zu Rameaus Neffe. Voltaire. 4) Sorel, l'Europe et la révolution française. I. Paris 1885. p. 12.

Diese Schrift enthält in logischem Zusammenhang alles, was zur Verteidigung der absoluten Monarchie beigebracht werden kann. Die Staatsform des damaligen Frankreich wird als die von Gott selbst gewollte dargestellt. Es besteht eine genaue Übereinstimmung zwischen den hier dargelegten Ansichten und dem, was am Hofe Ludwigs XIV. als das Wesen der unumschränkten Herrschergewalt galt. Namentlich sind es die Anschauungen Ludwigs selber, die wir hier wiederfinden.

Wir suchen nun diese Theorie, die der Wirklichkeit so genau zu entsprechen scheint, in ihren Hauptzügen darzustellen, um daran die Untersuchung zu knüpfen, ob denn diese Staatsform in dem Frankreich Ludwigs XIV. verwirklicht war.

Der Mittelpunkt der Theorie Bossuets findet sich in den Worten des 81. Psalms » Ihr (die Könige) seid Götter «.5) Der König ist Gott auf Erden. Das entspricht der Meinung der Zeitgenossen. Schon Richelieu sah in den Königen ein Abbild Gottes.") Ludwig XIV. selbst leitet seine Gewalt unmittelbar von Gott her.) Fléchier spricht den Königen eine gewisse Übermenschlichkeit zu.8) Ein andrer Schriftsteller der Zeit nennt ihn direkt Gott.9)

So müssen denn auch die göttlichen Eigenschaften bei dem König sich zeigen. Zunächst ist der König heilig.10) Seine Majestät ist ein Abglanz der göttlichen Majestät und muss daher beinahe wie die Gottes geehrt werden. War doch der König mit dem heiligen Öl, das der heilige Geist selbst zur Salbung Chlodwigs herabgesandt hatte, gesalbt worden; wurden ihm doch von dem Volk übernatürliche Kräfte zugeschrieben. Noch immer drängten sich an hohen Festtagen die mit Kröpfen behafteten an den König, um durch eine Berührung seiner Hand zu gesunden.") Ludwig selbst war von seiner Mutter zu dem Gefühl erzogen, dafs er weit über allen andern Sterblichen stehe. . Ein gewisser naiver Glaube an seine eigene Göttlichkeit war ihm eigen. 12) Das ganze, so genau ausgebildete Hofceremoniell hat den Zweck, die Person des Königs in den Vordergrund zu stellen; zugleich aber allen denen, welche unmittelbar mit dem König in Berührung kamen, eine glänzende Stellung zu sichern. Abkömmlinge der vornehmsten Geschlechter drängen sich nach der Ehre Kammerdiener beim König zu spielen. Der Cardinal von Polignac erklärt das ausdrücklich für sein höchstes Glück. 13) Der Herzog von Luxemburg that so, als ob ihm unendlich viel daran liege, dem König Abends den Rock abzunehmen.14) Der Herzog

D

6) Les rois sont

5) Bossuet, politique. IV. 1. 2. cf. Bluntschli, Gesch. der Staatswissensch. 194. les vives images de Dieu, la majesté royale est la seconde après la divine (bei d'Avenel, Richelieu et la monarchie absolue. 3 vols. Paris 1875, vol. I. p. 177. 7) Wiederholt in den Einleitungsworten der Ordonnanzen: l'autorité de l'état, que Dieu nous a confié et qu'il a soumis à notre autorité (Isambert XVIII. 18); les peuples, que Dieu a soumis à notre obéissance (a. a. O. XIX. 13). 8) Wiederholt. So. encore que .

les rois soient hommes, je ne crains pas de vous dire qu'ils le sont un peu moins quand ils sont véritablement rois etc. (Leichenrede auf die Herzogin von Montausier. p. 53); l'homme se cache pour ainsi dire sous le monarque (a. a. O. 32); on voit en eux des rayons de la majesté de Dieu tempérés de la faiblesse des hommes (a. a. O.) sentiments qui distinguent les âmes royales d'avec les âmes du commun (a. a. O. 27). 9) Hay, Ludwig un Dieu, qui seul méritait de commander à tous les hommes (St. Allaire I. 320), un dieu en terre sagt Bossuet, œuvr. inéd. II. 319. 10) Bossuet. pol. sacr. livre III. 2. 11) Continuateur de Loret. I. 838. Mai 1666. cet aimable souverain | toucha, dit on, le lendemain | huit cent Malades d'Écrouelles qui vainement font les Rebelles alors, qu'avec ses maîtres Doigts | il les congédie une fois. 12) Lemontey 405. 13) Er sagt: qu'il ne pourra être parfaitement heureux, que quand il aura l'honneur d'être domestique du roi (Jobez I. 197). 14) Je prierai Mr. de Marzillac de me faire place quelques soirs pour que je puisse ôter le justaucorps du roi et je me tiendrai honoré de le faire« (Rousset, Louvois I. 389).

von Enghien, ein prince du sang, reicht als grand maître de la maison dem König die Serviette, der grand échanson, grand panetier, grand tranchant setzen die Speisen vor. Der premier capitaine des gardes steht hinter dem König, der premier aumônier ihm zur Seite, wenn er tafelt.15) Alle diese Hofchargen haben den höchsten Rang im Lande, nur die vornehmsten grands seigneurs steigen zu diesen Würden auf. Aufserdem aber haben alle sehr hohe Gehälter. Der grand. maître de la cuisine eines prince du sang bezieht 60000 livres, der premier maître de l'hôtel 24000 und dem entsprechend.16) Sogar die valets de chambre sind wiederum seigneurs, die ihrerseits Bediente halten.17) Die Hofleute durften auch nicht vor die gewöhnlichen Gerichte gezogen werden, sondern hatten ihren eigenen Gerichtsstand. Alles, was mit dem Hof zusammenhängt, geniefst besondere Vorrechte, sogar die Kaufleute, die für den Hof arbeiten.18)

Dieser König, der die Sonne zur Devise hat, 19) mufste denn auch eine Wohnung haben, die die alten Weltwunder übertraf.20) Daher die Bauten von Versailles, die unendlich viel gekostet haben.21) Daher auch der aufserordentliche Tafelluxus.29)

Wenn so die ganze Hofhaltung den König seinen Unterthanen im gröfsten Glanze zeigte, liefs man auch sonst nichts unversucht, was zur Verherrlichung des Königs diente. Der Herzog von La Feuillade hatte zur Feier der Heilung Ludwigs im Jahre 1687 dem König ein Denkmal errichten lassen, das unter Teilnahme der Behörden und der Bürger von Paris eingeweiht wurde.23) La Feuillade erhielt zum Dank dafür bald das Gouvernement der Dauphiné. Sein Beispiel fand Nachahmung. So wurde auch in der Stadt Poitiers ein Denkmal des Königs errichtet. Bei der feierlichen Einweihung war an einem Triumphbogen das Wort zu lesen, das Horaz dem Augustus zuruft, serus in caelum redeas! Wie Horaz in Augustus einen Gott sieht, der der gequälten Menschheit zum Heile auf die Erde gesandt ist, so wird auch hier von einem Redner Ludwig als der der Unsterblichkeit würdigste Held gerühmt; ein andrer sagt wenn Ludwig der Grofse auch nicht die unendlichen Vollkommenheiten besitzt, welche nur Gott zukommen, so hat er doch alle die empfangen, welche nahe daran reichen und ihn auf der Erde zum greifbaren Abbild Gottes machen.. Ein Bericht über die Feierlichkeit wurde nach Versailles geschickt und hier beifällig aufgenommen.24) Wahrlich! St. Simon hat Recht; wenn der König sich hätte lassen anbeten wollen, wie es die römischen Kaiser gethan hatten, so wäre es geschehen..25) Ging man doch nicht einmal an dem Bett des Königs vorüber, ohne seine Reverenz zu machen.

Wie der König an der Heiligkeit Gottes Anteil hat, so soll er auch göttliche Macht besitzen. Wie die Macht Gottes von einem Ende der Welt zum andern herrscht, so herrscht der König in seinem ganzen Reich. Der König in seinem Kabinet ist das Abbild Gottes auf seinem Thron, sagt Bossuet.26) Wirklich machte Ludwig auf solche Macht Anspruch.

15) Chéruel, hist. adm. Il 112ff.

16) Jobez I 188.

17) Jobez a. a O., cf. Taine, origines

de la France contemporaine: l'ancien régime. ch. I. Über die an die Hofleute gezahlten Summen, cf. Behrend p 2. 18) 12 tailleurs, 8 cordonniers, 2 pelletiers, 2 brodeurs, 2 marchands merciers (Delamarre I. 178). 19) cf. Faber. p. 7f. 20) Lemontey 427. 21) bis 1690 haben Versailles, Clagny und andere Schlösser 104 millionen livres gekostet. Clément, Colbert II 207. 22) Felibien in oeuvres de Molière ed. Aimé Martin VI. 5 services, jedes von 56 Platten. Dann 16 Platten von Porcellan mit auserlesenen Früchten. 23) St. Allaire 1. 386. 24) Ein ausführlicher gedruckter Bericht findet sich abgedruckt in den Memoiren von Foucault, der als Intendant das ganze geleitet hat (p. 181 - 206). cf. auch Clément, Louis XIV. p. 239 und Chéruel II. 26) Politique. liv. V. art. 4.

25) St. Simon, mémoires XI. Pelletan 2.

« AnteriorContinuar »