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Lübeck Frankreich vertrat, gelang es seiner Vermittlung nicht, die sich immer erneuernden Streitigkeiten über den Titel aus dem Wege zu räumen und eine Ausgleichung der beiderseitigen Ansprüche anzubahnen. Nachdem sich die Verhandlungen vom Juni bis in den Oktober fruchtlos hingezogen hatten, trennten sich die beiden Legationen endlich, und nur so viel ward von Chanut erreicht, dafs die Verhandlungen nicht für abgebrochen, sondern nur für vertagt erklärt wurden. Am 30. April 1652 sollten sie in Lübeck von neuem aufgenommen werden; da die Holländer und der Kurfürst von Brandenburg keinen Vertreter gesandt hätten, sollten dieselben nicht weiter eingeladen werden, die Vermittlung zu übernehmen.') Doch noch vor Ablauf des Jahres schrieb der Polenkönig an den von Frankreich, dafs die Zeit bis zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zu kurz sei, der Reichstag, auf dem die Gesandten ihre Aufträge und Vollmachten erhielten, werde kaum vor Ende März geschlossen, und bat um Aufschub. Es fand mit Zustimmung Schwedens in der That eine Hinausschiebung bis zum 31. August statt.

Inzwischen erschien eine in französischer Sprache abgefafste Schrift, in welcher der Vorschlag gemacht wurde, die beiden Kronen durch einen Gebietstausch zu befriedigen, indem Schweden Livland behielte, Johann Casimir das herzogliche Preufsen erhielte, der Kurfürst Friedrich Wilhelm mit dem Herzogtum Bremen und Verden entschädigt würde. Ja, es stand darin, dafs Schweden besonders für die Gewinnung Ostpreufsens sei, auch in der Form, dafs Friedrich Wilhelm gar keine Entschädigung erhielte, Pillau und Memel aber bei der Abtretung Preufsens an Johann Casimir Schweden verblieben. Ewald von Kleist ward angewiesen, deshalb offiziell in Schweden anzufragen, auch Chanut ward deswegen gefragt. Bald aber stellte sich heraus, dafs in der That beide Staaten unbeteiligt waren, vielmehr der polnische Schatzmeister Canasiles der Verfasser war.) Dieser selbe Canasiles ward im Jahre 1652 nach Schweden abgesandt, um direkt eine Verständigung mit Christina zu versuchen, kehrte indessen unverrichteter Sache zurück, indem die Königin ihre Eröffnungen auf dem Lübecker Kongrefs in Aussicht stellte. Ebenso wenig gelang es Lorenz Cantersteen, der zu dem Herzoge von Kurland abgesandt wurde, hier von polnischer Seite irgendwelche Zusicherungen zu erhalten. Unterdessen hatte der polnische Vicekanzler Radziejewski wegen seiner Umtriebe die Heimat verlassen müssen und fand in Schweden freundliche Aufnahme, wo er einerseits über die Zerrüttung im polnischen Reiche erwünschten Aufschlufs gab, andrerseits zur Feindschaft gegen Johann Casimir anreizte. Erst gegen Ende des Jahres fanden sich die schwedischen und polnischen Abgesandten in Lübeck ein, im November Chanut, dann der Venetianer, noch später die holländischen und brandenburgischen Abgesandten. Nachdem im Dezember die Thätigkeit der Mediatoren begonnen, machten die Formalien von vorneherein die gröfsten Schwierigkeiten, und schon an ihnen zerschlug sich alles. Obwohl bis in den Februar 1653 verhandelt wurde, kam man nicht weiter. Unverrichteter Sache schieden die Bevollmächtigten von einander.) Etwa gleichzeitig ward einem Ausschufs der schwedischen Reichsstände die Sachlage kundgegeben, und diese waren der Ansicht, dafs Polen nur Zeit zu gewinnen suche, und dafs Schweden auf seiner Hut vor Johann Casimirs Anschlägen sein müsse.*) Indessen geschah von Schwedens Seite nichts Ernstliches, da Christina bereits mit der Niederlegung der Krone umging, und als endlich Canasiles 1654 eintraf, um über einen dauernden Frieden zu verhandeln, waren bereits die Reichsstände versammelt, vor denen der Regierungswechsel vor sich gehen sollte, und Christina verwies die Angelegenheit an ihren Nachfolger, gegen dessen Thronfolge Johann Casimir stets entschieden Einspruch erhoben hatte.")

Hatte sich so eine Verständigung zwischen Polen und Schweden nicht erreichen lassen, so waren auch die Beziehungen Polens zu Rufsland Gegenstand ernster Erwägung von Seiten des neuen Königs. Unter dem ersten Czar aus dem Hause Romanow versuchte Rufsland vergebens, sich aus seiner Ohnmacht zu erheben und die ihm während der Thronstreitigkeiten entrissenen Gebiete wiederzugewinnen. Noch im Jahre 1618 war der polnische Kronprinz Wladislaw, der sich immer noch als Czar von Rufsland betrachtete, mit seinem Heere bis in die unmittelbare Nähe von Moskau vorgedrungen, und nur Mangel an Geld und Lebensmitteln zwang ihn, in den

1) ebend. L. XXIII. §. 21-34.

") ebend. L. XXIV. §. 20.

*) ebend. L. XXIV. §. 25–34. XXV. §. 1–23.

*) ebend. L. XXIV. § 1-2.

5) ebend. L. XXVI. §. 27.

vierzehnjährigen Waffenstillstand von Dewulina einzuwilligen, in welchem der Czar Michael dem Titel von Livland, Smolensk und Tschernigow entsagte und an Polen das ganze Fürstentum Smolensk, dazu Tschernigow und eine Reihe anderer Plätze abtrat, während Wladislaw selbst nur auf den Czarentitel verzichtete.') Und als der Czar Michael bei dem Tode Sigismunds III. (1632) die Rückerorberung dieser Landschaften versuchte, trieb ihn der nunmehrige König Wladislaw nach anfänglichen Erfolgen der Russen sehr bald so in die Enge, dafs er 1634 den Waffenstillstand von Dewulina in einen definitiven Frieden umwandeln mufste.

Doch erwuchs den Russen bald ein Verbündeter in den saporogischen Kosaken. Dieser eigentümliche Kriegerverband, die Vormauer Polens gegen Tartaren und Türken, unterhalb Kiews auf den Inseln und an den Wasserfällen (sa porogi) des Dnjepr hausend, sah sich den Feindseligkeiten des polnischen Adels und dem Bekehrungseifer der römisch-katholischen Kirche und der Jesuiten ausgesetzt und befand sich bereits seit 1648 im Aufstande gegen seine Bedränger, und da der König Johann Casimir trotz des Zborowschen Vertrages von 1649 ihnen gegen den Adel keinen Schutz zu gewähren vermochte, so wandten sie sich unter ihrem Hetman Bogdan Chmielnicki schon 1650 an den Czaren Alexei, ihren Glaubensgenossen, siedelten zum Teil in russisches Gebiet auf die linke Seite des Dnjepr über und empfingen 1653 von ihm die förmliche Zusicherung seines Schutzes. Als nun aber die Polen die Tartaren gegen sie zu Bundesgenossen gewannen, erfolgte im Jahre 1654 die förmliche Unterwerfung unter Rufsland, nachdem ihnen dieses alle ihre Privilegien feierlich bestätigt hatte.

Schon im April desselben Jahres rückten zwei russische Armeen ins Feld; die eine brach in Littauen ein, die zweite in die Ukraine. Der littauische Grofsfeldherr Janus Radziwill, ward geschlagen, Polozk, das wichtige Smolensk und Witebsk fielen im Laufe des Jahres neben anderen Plätzen in die Hände der Russen, und diese erschienen somit an der Düna in der Flanke der Schweden. Wenn die polnischen Waffen in der Ukraine auch vom Glück begünstigt waren, so mufste doch grade das Vordringen der russischen Macht auf Livland und Kurland zu Schweden lebhaft beunruhigen. Sollte es etwa die kurländischen Häfen in die Hände der Russen fallen lassen, sollte es Littauen, welches schon früher an einen Anschlufs an Schweden gedacht, in die Hände dieses gefährlichen Nachbarn geraten lassen? Wie, wenn Polen und Russen sich verständigten und erstere mit jenen im Bunde sich auf Livland warfen?

Dieses war im Osten die Sachlage, als König Karl X. Gustav den Thron bestieg. Aber auch in Deutschland war Schweden in einen Konflikt verwickelt, der im letzten Jahre der Königin Christina zum Ausbruche gekommen war und die deutschen Fürsten lebhaft beunruhigte. Es handelte sich um die Stadt Bremen, welche freie Reichsstadt zu sein behauptete und als solche durch ein kaiserliches Dekret vom 1. Juni 1646 anerkannt war und deshalb Schweden, dem Rechtsnachfolger des Erzbischofs von Bremen, die Huldigung verweigerte.") Auf dem Reichstage von 1654 kam Schweden nicht weiter, vielmehr erlangte die Stadt zwei kaiserliche Dekrete, die ihr Sitz und Stimme auf dem Reichstage zusprachen. Königsmarck, der Gouverneur des Herzogtums Bremen-Verden, hatte indessen Christinas Genehmigung erlangt, gegen die Übergriffe der trotzigen Stadt mit Waffengewalt vorzugehen, und so entspannen sich nun Ende März blutige Zusammenstöfse um den Besitz von Burg. Königsmarck zwang die Bremer zur Kapitulation in Burg, befestigte dies noch stärker und warf nunmehr auch eine Schanze am Zusammenflufs von Geeste und Weser auf, ohne jedoch den Handel der Stadt zu stören. Des Kaisers Avocatorium und Inhibitorium vom 19. April störte ihn dabei nicht.")

Dieses Vorgehen Schwedens, die Fortsetzung des französisch-spanischen Kampfes in den Rheinlanden, wo soeben erst der Lothringer den Frieden des Reiches in empfindlicher Weise gestört hatte, riefen eine lebhafte Beunruhigung auch bei den protestantischen Fürsten hervor, nicht am wenigsten in Brandenburg. Karl Gustav und sein Vater machten Ansprüche auf Jülich-CleveBerg, letzterer namentlich hielt seine Ansprüche für viel besser begründet als die des verwandten Hauses Pfalz-Neuburg. Noch im Oktober 1654 berichtet Raban von Canstein an seinen Herrn,

1) Herrmann, Geschichte des russischen Staates. III. S. 534.

*) Pufendorf, a. a. O. L. XXV. §. 29.

) a. a. O. L. XXVI. §. 12-15.

dafs einige vornehme schwedische Ministri sich hätten vernehmen lassen, dafs, so viel diese Jülichsche Sache anreichet, der itzige König fast besser als gegen Bremen fundiert wäre." Aber Karl Gustavs Augenmerk war von Beginn seiner Regierung an unleugbar nach einer anderen Seite gerichtet, und es war von vorne herein sein Bestreben, den gegen Schweden gerichteten Argwohn im Westen Deutschlands zu zerstreuen.

Und hiermit ward eben in erster Linie Schlippenbach beauftragt. Am 16. Juni hatte Karl Gustav seine Regierung angetreten, und bereits am 25. Juli wurden für den Grafen Beglaubigungsschreiben ausgefertigt an den Erzbischof von Mainz, den Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz, den Kurfürsten von Brandenburg, den von Sachsen, den Herzog von Wirtemberg, den Herzog von Ansbach, die Kurfürsten von Trier und Baiern und an Maria Anna, die Mutter des Kurfürsten von Baiern:'), Cum e re nostra communique nobis visum sit ad Dilectionem Vestram ablegare supremum Cubicularium nostrum et Cohortis Praetoriae Praefectum, Illustrem et Generosum, nobis sincere fidelem et dilectum Dominum Carolum Christophorum de Schlippenbach, Comitem in Schewede et Liberum Baronem in Liusala, Dominum in Kotzenhausen et Saling, utpote Virum summa prudentia et dexteritate insignem, denique Singulari erga Nos fide conspicuum, quam multis modis, inprimis vero circa susceptos Imperii Nostri fasces nobis approbavit. Idcirco a D:e V:a amice contendimus, velit non tantum dicto Domino Comiti in iis, quae Nostro nomine apud D: am V: am egerit et proposuerit, omnimodam fidem velut Nobis ipsis adhibere" etc. Aufserdem liegen noch vor Credentiales ad Principem Saxoniae“, d. h. entweder an Herzog August von Sachsen, den Administrator von Magdeburg, oder an den Kurprinzen von Sachsen, wie sich weiter unten ergeben wird. Seine Instruktion für die verschiedenen Höfe liegt leider nicht vor. Ihr Inhalt ist jedoch dem Werke von Pufendorf zu entnehmen, der sie zweifellos vor Augen gehabt hat.) In der Hauptsache wird er überall dasselbe zu eröffnen gehabt haben. Er sollte die Thronbesteigung seines Königs anzeigen, die friedlichen und freundlichen Absichten seines Herrn gegen die einzelnen melden, vor allem sie über den Kampf mit Bremen beruhigen, den Karl Gustav von seiner Vorgängerin überkommen habe und nun baldigst, soweit es mit der Würde seines Reiches vereinbar sei, zu beenden wünsche. An den evangelischen Höfen hatte er ferner das gemeinsame Interesse mit der Krone Schweden hervorzuheben.

Da Karl Gustav dem Kaiser durch keinen Spezialgesandten seine Thronbesteigung angezeigt hatte, so ward, um keinen Anstofs zu erregen, der Name, Gesandte" in den obigen Beglaubigungsschreiben für Schlippenbach vermieden. Als Grund für das Übergehen des Kaisers verlautete nach dem Berichte des französischen Gesandten) in den Stockholmer Hofkreisen, dafs Karl Gustav sich dadurch verletzt fühlte, dafs der Kaiser zwei Reichsfürsten zu Kommissaren ernannt hatte, um die Streitigkeiten zwischen Bremen und der Krone Schweden zu entscheiden. Schweden wäre nicht der Jurisdiktion des Kaisers unterworfen; freilich würde es nichts dagegen haben, dafs der Kaiser oder irgend ein anderer Fürst seine guten Dienste als Vermittler anbiete. Schon in dem Schreiben, in welchem Karl Gustav Ferdinand III. seinen Regierungsantritt anzeigte, hatte er seinen festen Entschlufs ausgesprochen, seine Rechte auf Bremen nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen. Der Kaiser fühlte sich durch diese Vorgänge lebhaft beunruhigt, zumal eben in jenen Tagen ihn ein furchtbarer Schlag getroffen hatte. Es war ihm nach Überwindung der gröfsten Schwierigkeiten 1653 gelungen, die Wahl seines Sohnes Ferdinand IV. zum römischen Könige durchzusetzen, Pfingsten 1654 hatte derselbe unter grofsem Jubel des Volkes seinen feierlichen Einzug in Wien gehalten. Während nun der Kaiser für ein Menschenalter seinem Hause die Krone gesichert zu haben glaubte, ward ihm bereits am 9. Juli sein Sohn durch den Tod entrissen. Nach venetianischen Relationen*) entzog er sich jetzt jeder Thätigkeit; in tiefe Schwermut versunken suchte er diese durch Musik zu bekämpfen. In Wien aber war man erschrocken über die Aussicht einer neuen Verwicklung mit Schweden, mit Karl Gustav, der ja bereits einmal in den kaiserlichen Erblanden gestanden, Böhmens Hauptstadt teils inne gehabt teils schwer bedrängt hatte, entsetzt über die Aussicht, die zügellose schwedische Soldateska, vor der man kein geringeres Grausen hatte als vor den

1) Riks Registraturet 1654.

2) Pufendorf, von den Thaten Karl Gustavs B. I. § 12.

3) Chanut III. 480.

1887. S. 10f.

Pribram, die Berichte des Kaiserlichen Gesandten Franz von Lisola aus den Jahre 1655-1660. Wien

Türken, abermals in das Land zu bekommen. So war es für den Kaiserhof eine wahrhafte Erleichterung, als die bremische Sache im Laufe des Jahres zu einer friedlichen Erledigung gelangte, wozu die Zurückhaltung Ferdinands III. nicht wenig beitrug.

Schlippenbach mufs sich bald nach Empfang der Beglaubigungsschreiben auf die Reise begeben haben, und zwar ging er nicht über Stettin nach Berlin, sondern wir finden ihn zunächst Ende August in Hamburg, wo er mit dem Feldmarschall Wrangel, dem Residenten Schnolsky und dem brandenburgischen Gesandten Wesenbeck zusammentraf. Wesenbeck gab zuerst Wrangel, dann nach dessen Abreise derselbe war auf dem Wege nach Pommern auch Schlippenbach Kunde von dem Zweck seiner Sendung, gemeinsam mit Hamburg und Lübeck, auch anderen interessierten Ständen die Vermittlung zu übernehmen, erhielt aber von beiden zur Antwort, dafs Schweden es in dieser Sache zum Äufsersten kommen lassen würde.') Dafs Lübeck grade kurz vorher ganz unvermutet nach Hamburg gemeldet hatte, dafs es vorderhand weder von Interposition noch von Hilfsleistung für Bremen etwas wissen wolle, fällt zeitlich zusammen mit Schlippenbachs Reise, der auf dem Wege nach Hamburg Lübeck passiert haben mufs. Ob diese Zurückhaltung der Lübecker unter dem Drucke seiner Haltung in Lübeck eingetreten ist, ist nicht nachzuweisen, aber es ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit vorhanden. Denn einmal ist es Schlippenbachs Art, sehr offen mit der Sprache herauszugehen, stolze Worte von Schwedens Macht, seines Königs Würde zu machen, energische Mafsregeln in Aussicht zu stellen, andrerseits aber führten die Hamburger, wie eben Wesenbeck berichtet, diese Zurückhaltung Lübecks darauf zurück, dafs entweder die Lubecenses sich einiger Ungnade in ihren Commercien von der Kron Schweden befahren oder induciert sein möchten, sich der Bremer Sachen nicht teilhaftig zu machen." Beides würde aber bei Schlippenbach zusammenfallen.

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Von Hamburg aus begab er sich an den Hof des grofsen Kurfürsten, wo er in der ersten Hälfte des September erschienen ist, denn in der zweiten Hälfte des Monats finden wir ihn bereits am kursächsischen Hofe.) Über seine Verrichtungen am Hofe Friedrich Wilhelms liegen bei Pufendorf zwei Berichte vor, die von einander abweichen, worauf schon Droysen aufmerksam gemacht hat.) Ebenderselbe rühmt bei dieser Gelegenheit die Berichte des Historiographen über die schwedisch-brandenburgischen Verhandlungen. Er sagt: Pufendorf hat die Verhandlungen vor dem Ausbruch des Krieges mit grofser Ausführlichkeit und mit der ihm eigenen Meisterschaft excerpiert. Demnach können wir auch hier darauf rechnen, ein treues Abbild der Unterhandlung am Berliner Hofe zu haben, soweit die Akten ein solches ergaben. Es empfiehlt sich, zuerst die Darstellung aus dem Werke über den grofsen Kurfürsten zu geben, da der Natur der Sache entsprechend hier Schlippenbachs Reden in den Vordergrund treten, während in dem anderen Werke wieder die wichtigsten Auslassungen des Kurfürsten erscheinen. Nach den brandenburgischen Akten also hat das Gespräch folgenden Verlauf genommen.) Schlippenbach versicherte den Kurfürsten mit vielen Worten, dafs sein Herr die freundlichsten Beziehungen zu ihm wünsche, wies die Ausstreuungen der Kaiserlichen ab, dafs Schweden den bremischen Krieg nur zum Ausgangspunkte benutzen wolle, um sodann gegen Cleve vorzugehen, und hob seinerseits hervor, dafs Brandenburg Übelwollende in ähnlicher Weise dem Kurfürsten gefährliche Anschläge gegen Schweden zuschrieben. Aus der weiter unten zu erwähnenden Instruktion Dobrczenskis kann hier hinzugefügt werden, dafs Schlippenbach dem Kurfürsten zusicherte, dafs ,S. Kön. Wrd. der Stadt Besatzung einzunehnen nicht anmuten, sondern nur alles in den Stand gesetzt wissen wolle, wie es bei der jetzo regierenden Kön. Maj. zu Dänemark, als vormaligen Erzbischofs, Zeit gewesen.“ Darauf wandte sich das Gespräch auf die kriegerischen Rüstungen des Schwedenkönigs, eine Wendung, die ersichtlich vom Kurfürsten ausgegangen ist. Schlippenbach führte diese darauf zurück, dafs Karl Gustav dem Kriege zwischen Polen und Rufsland nicht unvorbereitet zuschauen könne, dafs also diese Rüstungen defensiver Natur seien. Hierbei machte aber der Graf Andeutungen über des Königs Pläne gegen

1) Urkunden u. Aktenstücke. VI. 622.

*) Droysen, Geschichte der preufsischen Politik 2. Aufl. III. 2. S. 141 setzt irrig Schlippenbachs Anwesenheit in den November.

3) III. 2. Anm. 233. Dafs seine Darstellung in der Geschichte Karl Gustavs manches anders kombiniert liegt in der Natur der Sache."

*) Pufendorf, De Rebus gestis Friderici Wilhelmi L. V. §. 2.

Polen und warf dann hin, dafs sein Herr jedenfalls die preufsischen Häfen haben müsse, dafs diese aber reichlich von fremdem Gute ersetzt werden würden; eine Entschädigung, die freilich erst im Kriege erworben werden musste. Wiederholt gebrauchte Schlippenbach in diesem Teile der Unterredung die Wendung: Gott spreche in dieser Zeit zu den Fürsten nicht mehr durch Propheten und Träume; sondern wenn sich eine günstige Gelegenheit darbiete, dem Nachbarn einen Schaden zuzufügen und die eigenen Grenzen zu erweitern, müsse man darin eine göttliche Stimme erblicken. Schliefslich forderte er den Kurfürsten zu einem engen Anschluss an Schweden auf, ohne indessen auf das Nähere einzugehen.

Schlippenbach seinerseits berichtet folgendes über die Unterredung mit dem Fürsten.') Als er von den seinem Könige und den evangelischen Fürsten und Ständen gemeinsamen Interessen geredet, habe der Kurfürst von einem engeren Bündnisse gesprochen, welches zwischen ihm und der Krone Schweden gestiftet werden könne, und hinzugefügt, es würde der deutsche Friede, wo nicht der tödliche Hintritt Ferdinands IV., des römischen Königs, dazwischen gekommen wäre, über ein Jahr nicht gewähret haben. Nun aber würden die Kurfürsten auf erfolgten Todesfall Ferdinands III. bedacht sein, ihre Autorität wiederzuerlangen. Er wünschte, dafs die bremischen Streitigkeiten in Güte möchten erledigt werden, erklärte sich auch gegen die kaiserlichen Kommissarien, welche nur Schweden und die Reichsstände entzweien sollten; übrigens wären die beiden Fürsten selbst nicht mit der Form ihrer Ernennung einverstanden, wären auch nicht der Ansicht, dafs dem Kaiser in dieser Sache das Richteramt zukomme. Der Kurfürst versprach seine guten Dienste, beim Kaiser auf das Fallenlassen der Kommission hinzuwirken und die evangelischen Fürsten zu beruhigen. Dabei aber gab Friedrich Wilhelm deutlich seine Unzufriedenheit mit der Entwicklung des Streites zu erkennen, zumal die Kaiserlichen ihn wegen der rheinischen Lande vor Schweden gewarnt hatten. Darauf begehrte der Kurfürst, dafs seine Gesandten von Schweden im Range und in den Ehrenbezeugungen denen von Holland und Venedig gleichgestellt würden, und beklagte sich darüber, dafs dies seinerzeit auf dem Lübecker Kongresse von Schweden nicht geschehen wäre. Als das Gespräch dann auf die polnische Frage kam, sagte Friedrich Wilhelm, ein Kluger müfste die gegenwärtige gute Zeit und Gelegenheit nicht aus den Händen lassen, die Streitigkeiten des Königreiches Schweden mit Polen durch einen Vergleich oder die Waffen zur Endschaft zu bringen; und wofern es zu den Waffen kommen sollte, wollte er wegen Preufsens sich entweder der Schweden annehmen oder sich so weit losmachen, dafs er nicht weiter ein Vasall der Krone Polen sein dürfe."

Dies sind die beiden Berichte in den Werken Pufendorfs über den schwedischen und den brandenburgischen Herrscher. In der bremischen Sache ist zwischen beiden Berichten kein Zwiespalt. Schlippenbach hatte nachträglich eine Instruktion in dieser Sache erhalten, die Pufendorf nur kurz andeutet, die aber in dem Schreiben Karl Gustavs) vorliegt. Der König vermutet seinen Abgesandten noch am kurbrandenburgischen Hofe und teilt ihm deshalb mit, „was des Herrn Churfürst zu Brandenburg Liebden dieser Tage an Unsern Guberneur und Regierung im Herzogtum Bremen und Verden. . . . halber gelangen lassen. Als Ihr nun daraus ersehen werdet, dafs ein solches [Schreiben] ziemlich hart und imperios eingerichtet und unserm Guberneur, wie er sich in seinen actionibus zu verhalten, fast gewiesen und Ziel gesetzt werden will, so wollen Wir gnädigst, dafs ihr ein solches unter der Hand als für Euch selbst und ohne einigen habenden Befehl dienlicher Orten mit guter Manier repräsentiert und es dahin zu disponieren suchet, dafs hinfüro dergleichen Schreiben etwas glimpflicher und moderater eingerichtet werden mögen. Und weil aus dem kurfürstlichen Schreiben zu ersehen sei, dafs Brandenburg dem Gouverneur und der Regierung des Königs fast mehr Schuld zumesse als der Stadt Bremen, so solle Schlippenbach den Kurfürsten darüber besser informieren und demselben alle widrige Impression" benehmen, zu welchem Zwecke Karl Gustav ihm hierfür dienliche Schreiben copialiter übersendet. In welcher Weise der Graf diesen Auftrag seines Königs ausgeführt hat, ist nicht ersichtlich. Pufendorf berichtet eben auch nur ganz kurz, dafs Schlippenbach den Auftrag erhalten habe.

1) Pufendorf, Von den Thaten Karl Gustavs. B. I. §. 12.
2) Datum Stockholm 5. August 1654. Dresdener Archiv.

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