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dieser Altar gestanden hat, ist die genannte nur um wenige Jahre ältere Steinschrift zerschlagen und verbaut aufgefunden worden. Sie ist gesetzt zur Verherrlichung eines unmittelbar nach der Unterwerfung Aegyptens unter die Herrschaft Roms von dem neuen Statthalter geführten Krieges, wie er selbst sich ausdrückt; nach dem einzigen kurzen Bericht, der litterarisch darüber erhalten ist, vielmehr einer bewaffneten Steuerexecution. In der Tat ist es wenig glaublich, dass dem Sturz der Ptolemäerherrschaft eine nationale Erhebung der in OberAegypten vorherrschenden Eingeborenen gefolgt sein sollte; ob die Fremdherrschaft eine griechische oder eine griechischrömische war, wird hier wenig empfunden worden sein. Aber das geordnete Regiment bedeutete selbstverständlich vor allem die Regulirung und die Anziehung der Steuerschraube, und wie hart die Fellahs jener Zeit von dieser gedrückt wurden, beweist dieser Versuch, sich ihrer mit Gewalt zu erwehren. Gleichartige vergebliche Aufstände sind oft genug vorgekommen; von Bedeutung ist der Vorgang in sich nicht, sondern nur in den Einzelheiten charakteristisch.

Vielleicht am merkwürdigsten ist dabei, dass auf dem Denkmal, welches den ersten Sieg der Römergewalt in Aegypten in drei Sprachen feiert, die alte Landessprache an erster Stelle steht. Dies ist im römischen Herrschaftsgebiet sonst ohne Beispiel die Römer haben allem Anschein nach die Landessprachen im Allgemeinen für den offiziellen Gebrauch beseitigt, der griechischen Sprache aber, die sie dafür zuliessen, durchaus den zweiten Platz angewiesen, so dass in allen öffentlichen zweisprachigen Inschriften die lateinische an erster Stelle steht. Wenn es in Aegypten, wenigstens anfänglich, anders gehalten wird-späterhin scheint man Mehrsprachigkeit bei öffentlichen Bauten daselbst überhaupt vermieden zu haben-, so ist dies ein Ausfluss des augustischen Systems, Aegypten nicht zu behandeln als Teil des römischen Reiches, sondern das Königtum Aegyptens mit dem Principat des römischen Reiches durch legale Personalunion zu verknüpfen. Dem entspricht das weitere Verfahren. Dass die Jahresordnung, sowol der altübliche Jahresanfang im Spätsommer wie die Zählung nach Königsjahren, sich nicht ändert, an das letzte Jahr der Kleopatra das erste des Cæsar sich genau ebenso anschliesst, wie

bei dem Thronwechsel unter den Ramessiden und den Ptolemäern, war bekannt; immer bemerkenswert aber, dass diese Ordnung wenige Monate nach Kleopatras Tod in der ägyptischen Grenzstadt schon in vollkommener Regelmässigkeit funktionirt. Der neue Herrscher hat seine Einrichtungen mit einer Sicherheit und Raschheit getroffen, die ihres gleichen so leicht in der Geschichte nicht findet. Aus der neuen Inschrift aber sehen wir weiter, dass auch die monarchische Landessitte in allen ihren Konsequenzen festgehalten ward. Die heutigen Vertreter des unbedingten Monarchismus können bei aller Konsequenz immer noch bei den Aegyptern in die Schule gehen. Alle die Taten, die unser Denkmal feiert, hat für diejenigen, welche den ägyptischen Text lasen, der "schöne Jüngling Cæsar" verrichtet, die Schlachten geschlagen, die Götter verehrt, die Abgesandten empfangen. Die Priester haben sich dazu herbeigelassen, vermutlich in Erinnerung daran, dass der "schöne Jüngling" selbst seine Schlachten schlug, gegen die ägyptische Sitte über der Inschrift den Cæsar zu Ross darzustellen, einstürmend auf den vor ihm niedersinkenden Feind; aber von dem Statthalter Gallus nennt der ägyptische Text nicht einmal den Namen. Vom Thron der Pharaonen wird Aegypten regirt, wie die Welt von dem Herrgott. An einer mächtigen und streng formulirten Beamtenhierarchie hat es in Aegypten nicht gefehlt; dennoch muss es zweifelhaft erscheinen, ob es nach ägyptischer Auffassung zulässig gewesen wäre, die Werkzeuge mit Namen zu nennen, deren im einzelnen Fall der König sich bedient hatte.* Nun gar den Vicekönig der römischen Ordnung, einen an Königs statt das Land regirenden und seine Taten als die seinigen verzeichnenden Untertan, kannte der Landesbrauch nicht, und die Priester zogen es vor, ihn zu überschweigen. Als Gallus späterhin bei Augustus in Ungnade fiel, wurde er unter Anderem beschuldigt, seinen Namen auf die Pyramiden haben eingraben zu lassen, das heisst vom ägyptischen Standpunkt aus, sich die Landesherrschaft angemasst zu haben,

* In der sogenannten Pithomstele, bemerkt mir mein Freund Erman, unter Ptolemæos Philadelphos wird die Gründung der Kolonien am roten Meer erzählt und der Gründer nur als ein erster General Seiner Majestät bezeichnet unter Verschweigung seines Namens.

und ohne Zweifel haben die Ankläger ihn damit eines Eingriffs in das Königsrecht bezichtigt. Gewollt hat er das sicher nicht und vielleicht nicht mehr getan als was uns jetzt vor Augen liegt; füglich können Denkmäler wie das unserige eines ist, die in ägyptischer Schrift den Kaiser, in lateinischer und griechischer den Gallus nannten, von denen, für welche der ägyptische Text eben Hieroglyphen waren, also missverstanden worden sein. Dass, wenn sie so aufgefasst wurden, sie beseitigt werden mussten, leuchtet ein; und dass unser Denkmal noch unter Augustus beseitigt worden ist, ist schon bemerkt worden. Aber wenn der ägyptische Text von den Taten des Gallus schweigt, so werden wir reichlich entschädigt durch die Darlegung derselben in den beiden Reichssprachen. Auf die Kunde von dem Aufstand rückt Gallus in Oberägypten ein und schlägt denselben in fünfzehn Tagen nieder. Er siegt in zwei Schlachten und erobert, teils durch einfache Uebergabe, teils nach Belagerung, fünf Städte. Von einer sonst unbekannten Ortschaft abgesehen sind dies Koptos und drei Dörfer, welche nach der Zerstörung des gewaltigen Theben in vorrömischer Zeit auf der Ruinenstätte entstanden waren. Die Führer des Aufstandes wurden hingerichtet, und selbstverständlich ging es auch sonst nicht glimpflich ab. Dass Gallus bei diesen Executionen auch für sich starke Beute gemacht hat, steht in der Inschrift allerdings nicht, hat aber später bei dem Sturz als Anklagemoment figurirt, ob mit Grund oder ohne Grund, vermögen wir nicht zu entscheiden. Die Häuptlinge der an Aegypten grenzenden äthiopischen Stämme, die gleich den heutigen Derwischen die Grenzen nicht selten plündernd überschritten, werden niedergeworfen. Das römische Heer gelangt bis an die kleine Katarakte, das heisst bis an die ägyptische Grenzstadt Philæ, wohin, wie hinzugesetzt wird, bis dahin noch nie weder ein römisches Heer noch ein ägyptisches gekommen war. Die letztere Angabe läuft bekanntlich der Wahrheit schnurstracks zuwider; die erstere ist freilich richtig, aber nicht sehr erstaunlich, da die Römer das Land erst vor einigen Monaten in Besitz genommen hatten. Eigentliche Ueberschreitung des ägyptischen Gebiets und Einrücken in das angrenzende Aethiopien hat offenbar nicht stattgefunden. Bei Philæ verhandelt der römische Statthalter

mit den Gesandten des Königs von Aethiopien und schliesst mit diesen ein Uebereinkommen, das nach dem griechischen Text auf Gastfreundschaft lautete (πpoğevía), nach dem römischen mehrfach, vielleicht von Gallus selbst verbesserten, auf Schutz (tutela), das heisst auf Unterwerfung. Endlich krönt der Statthalter dadurch seine Taten, dass er weiterhin in Aethiopien, entfernt von der Reichsgrenze, einen Tyrannen einsetzt man meint von Verträgen zu lesen, wie sie die heutigen Pioniere unserer sogenannten Civilisation abzuschliessen pflegen, ihren verschiedenen Vaterländern zu hohem Ruhme und höheren Kosten. Auch in diesem Fall dauerte es nur wenige Jahre bis zu dem Ausbruch eines recht ernsthaften Krieges zwischen den Römern und den neuen äthiopischen Freunden.

Dass bei Schlachtberichten der berichtende Feldherr nicht zu kurz kommt, ist der Lauf der Welt. Gallus aber hat von dem allgemeinen Offiziersrecht einen sehr reichlichen Gebrauch gemacht, der freilich durch seine Naivetät sich gewissermaassen selber berichtigt; denn in fünfzehn Tagen zwei Schlachten zu schlagen und fünf Städte zu erobern, gestattet weniger einen Schluss auf die Grösse des Feldherrn als auf die Kleinheit der Actionen. Aber es stehen ihm allerdings Entschuldigungen zur Seite. Dass er ein tüchtiger Offizier war, geht, sicherer als aus den Berichten der Historiker über sein entscheidendes Eingreifen bei dem letzten Verzweiflungskampf des Antonius in Aegypten, aus dem Posten hervor, den Augustus in dem neueroberten Lande ihm als dem ersten übertrug. Indess soll dies nicht als Entschuldigung geltend gemacht werden; die militärische Renommage verzeiht man eher dem, der nichts leistet, als dem, der sie nicht nötig hat. Auch dass er zwar kein Gascogner aber doch Provençale war er stammte aus Fréjus darf nicht als Entschuldigung gelten; nationale Tugenden wie nationale Fehler sind im einzelnen Fall doch immer Tugenden und Fehler des Individuums. Aber allerdings kann man zu seinen Gunsten gelten lassen, dass

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* Dass die Grisette des Gallus — Volumnia Cytheris in der Wirklichkeit, in der Poesie Lykoris mit Antonius durchgegangen ist, ist sicher eins der zahllosen litterarischen Märchen. Aber einen Ausfall gegen Antonius enthält auch die Inschrift, indem sie ihn und Kleopatra “Könige" nennt.

er ein Poet war, und also, wie Lamartine und Björnstjerne Björnson, auf die Nachsicht derjenigen rechnen darf, welche sowol das Handeln wie das Dichten, wie auch die Unvereinbarkeit beider Leistungen begreifen.

Die erste Hälfte der Regirung des Augustus ist eine merkwürdig litterarische Zeit, ausgezeichnet vielleicht nicht so sehr durch die Grösse der Talente als durch die Auszeichnung, die ihnen von den damaligen Gewalthabern entgegengebracht ward, und durch die Popularität ihrer Verse. Vor allem gilt dies von der leichten erotischen Poesie; Gallus, Tibullus, Propertius, Ovidius bilden einen Kreis befreundeter Lyriker, der unsern deutschen Dichterbünden an Freundseligkeit und wechselseitiger Ansingung nichts nachgibt. Unter diesen nimmt der Kommandant Aegyptens eine hervorragende Stellung ein. Auch er ist, wie Ovid singt, mit allen andern der Unsterblichkeit sicher:

Gallus wird im Westen und Gallus im Osten gekannt sein,
Und mit Gallus gekannt seine Lykoris zugleich.

Denn von diesen Poeten bringt in den ewigen Nachruhm jeder sein Schätzchen mit :

Cynthia, dreister Properz, hat dich zum Dichter geschaffen,
Schöne Lykoris, du warest des Gallus Genie.

Nemesis ist, die Holde, der Ruhm des feinen Tibullus,
Lesbia gab das Lied an dem gewitzten Catull.

Welchen absoluten oder relativen Wert Gallus in diesem Sängerbund eingenommen hat, vermögen wir nicht zu sagen; für seine Gedichte ist die verheissene Dauer nicht eingetroffen, und aus den Urteilen derer, die sie lasen, entnehmen wir nur, dass auch für ihn wie für alle diese Poeten die ausländische schulmässige Aesthetik und der grossstädtische Sinnenreiz die grundlegenden Elemente gewesen sind. Aber er war weitaus die vornehmste und einflussreichste Persönlichkeit dieses Kreises, nicht bloss ein glänzender Militär, sondern auch an dem neu sich bildenden Hof wolgelitten und angesehen. In dem wenig glücklichen Poem, das Vergilius ihm gewidmet hat — dem durch seine Dienstpflicht von Rom ferngehaltenen Poeten hat mittlerweile ein anderer Offizier seinen Schatz nach Gallien

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