ད Vorwort. Es hat sich allmählich die Überzeugung Bahn gebrochen, dafs neben Horaz, Vergils Aeneis und Ovids Metamorphosen auch die elegischen Dichtungen der Römer ihre Stelle in der Schullektüre verdienen. Die Eigentümlichkeit derselben macht aber eine Auswahl nötig. Theoretische Erörterungen und praktische Versuche mancherlei Art sind unternommen. Mir scheinen letztere hauptsächlich an dem Fehler zu leiden, dafs sie dem Properz einen zu breiten Platz einräumen. Die beiden Sekunden und Ober-Tertia sind wohl die Klassen, in welchen die Elegiker gelesen werden müssen: einerseits weil es wünschenswert ist, in diesen Klassen die vierjährige Dauer epischer Lektüre zu unterbrechen, anderseits weil die Prima mit Horaz vollauf genügend zu thun hat. Ist die Lektüre des Properz nun aber schon für Primaner anerkanntermassen schwierig, so ist sie für Sekundaner wohl nur ausnahmsweise möglich. Diese Erwägungen haben mich bestimmt, für meine Anthologie die elegischen Dichtungen Ovids in ausgedehntestem Mafse, Tibull und Catull so weit als möglich zu berücksichtigen, von Properz aber nur weniges aufzunehmen und auch das eigentlich nur, um von einer so bedeutenden Erscheinung es nicht an einigen Proben fehlen zu lassen. Bei der Auswahl habe ich alles Anstöfsige zu 2800 711 (RECAP)5222 vermeiden gesucht; wie ich über das denke, was man heute vielfach als unnötige Prüderie tadelt, hoffe ich demnächst an anderer Stelle aussprechen zu können. Anderseits habe ich nicht nach möglichst eigenartigen Stoffen gesucht, sondern nach solchen, die dem Gesichtskreis des Schülers nahe liegen. Der trojanische und andere bekanntere griechische Sagenkreise, die römische Geschichte, die Lebensgeschichte der in der Anthologie vertretenen Dichter sind möglichst berücksichtigt. Beziehungen zu den Metamorphosen, zu Homer, zu Livius u. a. sind erwünscht und oft für die Aufnahme bestimmend gewesen. Für den Text des Ovid habe ich die Ausgaben von Merkel (1884) und Ehwald (1888), für den Text des Catull, Tibull und Properz die von L. Müller (1885) zu Grunde gelegt. Eine neue methodische Bearbeitung der Texte habe ich nicht beabsichtigt: aber ich glaube bei allem Vertrauen in die Führung dieser bewährten Herausgeber doch mein selbständiges Urteil gewahrt und die Untersuchungen anderer gebührend beachtet zu haben. Rücksicht auf die Lesbarkeit des Textes schien mir für eine Schulausgabe nicht gering anzuschlagen. Ein Verzeichnis der von den genannten Ausgaben abweichenden Stellen wird dem zweiten Heft beigefügt werden. Bei der Bearbeitung des Kommentars war meine Absicht darauf gerichtet, dem Schüler bei der Vorbereitung auf eine nicht zu langsam fortschreitende Schullektüre behilflich zu sein. Darum glaubte ich auch besonders für die Übersetzung reichliche Hilfe gewähren zu müssen. Denn es fehlen hier dem Schüler Spezialwörterbücher, die Kenntnis der gewöhnlichen Bedeutung zahlreicher Wörter reicht nicht aus, und bei der geringen Zeit, welche für die Elegiker durchschnittlich zur Verfügung steht, wird es wohl selten dahin kommen, dafs der Schüler sich in ähnlicher Weise in dieselben einliest, wie in andere Schriftsteller. Soll aber das Reizvolle und die eigenartige Schönheit der Dichtung dem Schüler nicht ganz verloren gehen, so ist es durchaus notwendig, ihm eine einigermassen erträgliche Übersetzung zu ermöglichen. Grammatische Erörterungen habe ich in den Anmerkungen vermieden. Aber in den Allgemeinen Bemerkungen habe ich die wichtigsten Abweichungen der Dichtersprache von der dem Schüler bekannten Prosa unter grammatischen Gesichtspunkten zusammengestellt und durch häufige Verweisungen darauf ihm. die Möglichkeit geboten, die einzelne Erscheinung unter einen allgemeineren Gesichtspunkt zu bringen. Dass ich auch für die den Dichtern, besonders Ovid eigentümlichen Abweichungen von der gewöhnlichen Wortstellung, welche dem Anfänger die Lektüre so sehr erschweren, in den Allgemeinen Bemerkungen bestimmte Fälle unterschieden und auf diese verwiesen habe, schien mir den Vorteil zu bieten, dass ich so vermeiden konnte, allzu oft im Kommentar die zierliche Wortstellung des Dichters in sonst üblicher Weise mechanisch einrenken zu müssen. Überdies glaubte ich so das Auge des Schülers mehr zu schärfen und seine Fähigkeit Zusammengehöriges zu erkennen erhöhen zu können. Vielleicht könnte man Anstofs nehmen an der Häufigkeit dieser Verweisungen. Ich hoffe aber, dafs der Schüler bald nicht mehr nötig haben wird jedesmal in den Allgemeinen Bemerkungen nachzuschlagen; dann werden dieselben nur dazu dienen, seine Aufmerksamkeit auf eine Er |