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den andern Gattungen das Mittel; fie theis len die Anmuth und die Nugbarkeit mit ihnen.

Die Künste der ersten Gattung gebrauchen die Natur, so wie sie ist, einzig und allein zum Dienste der Menschen. Die von der dritten Gattung gebrauchen sie zu ihrem Dienste so wohl, als zu ihrer Ergeßung; bilden sie aber vorher aus. Die schönen Künste gebrauchen sie selbst nicht, sondern ahmen sie nur jede, nach ihrer Weise, nach. Ein Sak, der einer Erläuterung bedarf, und diese soll in dem folgenden Capitel gegeben werden. Solchergestalt ist die Natur allein der Ges genstand aller Künste. Sie enthält alle uns fre Bedürfnisse, und alle unsre Ergehungen; und die mechanischen so wohl als die freyen Künste find nur dazu erfunden, daß sie dieselben aus ihr schöpfen sollen.

Wir werden hier bloß von den schönen Künsten, ich meŋne, bloß von denen reden, deren erste Absicht es ist, daß sie gefallen wollen. Damit wir sie desto besser kennen lernen, so wollen wir auf die Ursache zurückges hen, die sie hervorgebracht hat.

Die Menschen sind die Erfinder der Künfte; sie haben sie für sich selbst erfunden. Sie wurden eines allzueinförmigen Genusses der Gegenstände, welche ihnen die ganzeinfache

Natur

Natur darbot, überdrüßig; daben befanden sie sich in einem Zustande, der sie fähig mach te, Eindrücke des Vergnügens anzunehmen. Sie nahmen also ihre Zuflucht zu ihrem Genie, und suchten sich durch die Hülfe desselben eine neue Gattung von Begriffen und Empfindungen zu verschaffen, welche ihren Verstand aufweckte, und ihren Geschmack wieder belebte. Aber was konnte dieses Ge nie thun, da seine Fruchtbarkeit und seine Blicke, welche nicht über die Natur hinausreichten, eingeschrånkt waren? Und da er anderntheils für Menschen arbeiten sollte, des ren Verstandskräfte in gleiche Gränzen eins geschlossen waren? Alle seine Bemühungen mußten also nothwendig bloß darauf hinauss Laufen, daß es die schönsten Theile der Natur auslåse, und daraus ein vortreffliches Ganzes bildete, welches vollkommner, als die Nas tur selbst, wäre, ohne daß es doch darum aufhörte, natürlich zu seyn. Dieß ist der Grunds sak, nach welchem nothwendig der Grundriß der Künste hat entworfen werden müssen, und dem die Meister in denselben in allen Jahr hunderten gefolgt sind. Hieraus schlief se ich;

Erstlich, daß das Genie, von dem die Künfte entsprungen sind, die Natur nachahmen muß; zweytens, daß es sie nicht so nachahmen muß, wie sie ordentlich ist, und wie fie 24 fich

sich uns alle Tage zeigt; drittèns, daß der Geschmack, für den die Künste erfunden wors den, und der ihr Richter ist, zufrieden seyn muß, wenn die Natur durch die Künste gut gewählt, und gut nachgeahmt ist. Alle unsre Beweise müssen demnach darauf abzielen, daß sie die Nachahmung der schönen Natur erstlich aus der Beschaffenheit des Genies selbst, das sie hervorbringt, zweytens aus der Bez schaffenheit des Geschmacks, dem der Ausspruch darüber zukömmt, fest seßen. Dieß wird der Innhalt der beiden ersten Theile feyn. Diesen werde ich noch einen dritten Theil beyfügen, wo ich diesen Grundsaß auf die verschiednen Künste, auf die Poesie, auf die Maleren, auf die Musik und auf die Tanzkunst anwenden will.

Zwey

Zweytes Capitel.

Das Genie hat die Künste nicht anders, als durch die Nachahmung, hervorbringen können. Was nachahmen heißt?

De

er menschliche Verstand kann nicht an: ders, als in uncigentlicher Bedeutung, erschaffen; alle seine Werke sind mit dem Stempel eines Musters bezeichnet. Selbst die Ungeheuer, die sich eine unregelmäßige Einbildungskraft in ihren Ausschweifungen bildet, müssen aus Theilen zusammengesett werden, welche aus der Natur genommen sind. Und wenn das Genie aus Eigensinn. diese Theile auf eine Art zusammenfügt, die den natürlichen Gesetzen zuwiderläuft, so erniedrigt es sich selbst, indem es die Natur erniedrigt, und verwandelt sich in eine Art des Unfinns. Es sind Grånzen gesteckt; sobald man sie überschreitet, so verliert man sich. Man bildet mehr ein Chaos, als eine Welt, und man erweckt mehr Unlust, als Ver gnügen.

Das Genie darf und kann also sich nicht, wenn es arbeitet, um zu gefallen, aus den Gränzen der Natur selbst wagen. Sein Amt besteht nicht darinnen, daß es dasjenige ersinnen soll, was nicht seyn kann; sondern A 5 darin

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da ist.

darinnen, daß es dasjenige finden soll, was Erfinden heißt in den Künsten nicht, einem Gegenstande das Wesen geben, sondern erkennen, wo er ist, und wie er ist. Und die Menschen, welche Genie haben, und tiefer forschen, entdecken nichts, als das, was schon vorher da war. Sie sind aus keiner andern Ursache Schöpfer, als weil sie genau aufgemerkt haben; und hinwieder sind sie in keiner andern Absicht aufmerksam, als weil sie sich in den Stand sehen wollen, schaffen zu können. Die geringsten Gegenstånde rufen sie zu sich. Sie überlassen sich denselben, weil sie allezeit von ihnen mit neuen Kenntnissen heimkehren, die das Gebiete ihres Verstandes erweitern, und es zur Fruchtbarkeit zubereiten. Das Genie gleicht der Erde, welche nicht eher etwas hervorbringt, als bis fie den Samen dazu in sich empfangen hat. Dieses Gleichniß dient so wenig, diejenigen, die in den Künsten arbeiten, arm zu machen, daß es ihnen vielmehr die Qvelle und die Weitläuftigkeit ihrer wahren Reichthümer entdecken hilft, die dadurch unermeßlich werden; weil alle Kenntnisse, welche sich der Verstand aus der Betrachtung der Natur erwerben kann, der Same zu den Werken werden, die er vermittelst der Künste hervors bringt, und solchergestalt dem Genie in Ansehung seines Gegenstandes keine andern Grån

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