Imágenes de páginas
PDF
EPUB
[graphic][merged small][merged small][merged small]

verbraucht; andere Schulden folgten, wenn auch nicht so peinlicher Art, doch nicht minder drückend; und von hierab bis zu der Zeit, wo er bereits eines europäischen Rufes genoss, hat man ihn sich als fortwährend im Kampfe mit den quälendsten Nahrungssorgen zu denken, denen die Unterstützungen seitens der Behörden seiner Vaterstadt und der Regierung, die ihm oft und reichlich zu Teil wurden, ihn doch nur vorübergehend zu entheben vermochten ».

Trotz dieser Noth behielt Johannes Müller den Kopf oben und sah voll Selbstvertrauen in die Zukunft. Dass es ihm aber gelang, diese ungünstigen Zeiten zu überstehen, das hat er ich folge hier wieder der anschaulichen Darstellung Dubois-Reymond's in seiner bereits erwähnten Gedächtnisrede in erster Linie der «< über jedes Lob erhabenen Handlungsweise des damaligen ausserordentlichen Regierungs-Bevollmächtigten bei der Rheinischen Universität Philipp Joseph von Rehfues » zu danken, « von der schwer zu sagen ist, ob sie mehr seiner Menschenkenntniss oder mehr seinem Herzen Ehre macht. Vom Jahre 1821 an bis zu der Zeit, wo Müller nach Berlin gerufen ward, wird Rehfues es nicht müde, den Minister von Altenstein in unzähligen Zuschriften stets von Neuem auf die rasch und riesenmässig wachsende Bedeutung erst des Studiosus, nun des Doctors, dann des jungen Docenten und Professors Johannes Müller aufmerksam zu machen, dem er mit sicherem Blick die höchsten wissenschaflichen Erfolge weissagt. Bald beantragt er für ihn eine Unterstützung, bald die Bestreitung der Druckkosten seiner Dissertation, bald die Erlassung eines Vorschusses, bald Reisegeld, bald endlich eine dauernde und gründliche Verbesserung seiner Lage; und nicht einmal der Besoldungs-Etat der katholischen theologischen Facultät ist vor ihm sicher, wenn es gilt die Mittel zu diesen Hülfsleistungen für seinen Schützling zu beschaffen. Könne denn Geld für die Universität zweckmässiger verausgabt werden, als für die Heranbildung tüchtiger Lehrer? Ja so weit geht Rehfues in seinem Eifer, dass er auf den politischen Vorteil hinweist, der dem Staate daraus erwachsen werde, dass man in Müller einem Kinde der Stadt Coblenz zu Hülfe komme, die mehr als jede andere der neuerworbenen Provinzen auf die aus ihr hervorgehenden Talente stolz sei, und deren für den Staat gewiss nicht unwichtige Stimmung durch solche

Mittel am sichersten gewonnen werde. Wem das gemessene Wesen des Mannes erinnerlich ist, das wie ein Anflug der ihm so vertraut gewordenen spanischen Volksart erschien, kann für den Eindruck, den Müller's Persönlichkeit auf ihn übte, wohl nichts bezeichnender sein als dass Rehfues, indem er dieselbe dem Minister vorzuführen versucht, äussert, es werde ihm wirklich nicht leicht, seine Feder in den Schranken der Geschäftsbehandlung zu halten. Nicht minder wohlthuend sind die rege Teilnahme und das einsichtige Wohlwollen in den von Herrn Johannes Schulze, der mittlerweile in Berlin zu einflussreicher Stellung gelangt war, abgefassten Entgegnungen des Ministers, und ganz geeignet, uns einen Blick zu eröffnen in das Geheimnis der von Beiden zwei Jahrzehnte lang im Verein geübten Kunst, die preussischen Universitäten mit einer Schaar talentvoller und für ihren Beruf begeisterter Lehrer zu bevölkern. »

Nachdem Müller zum Doctor promoviert war, beantragte Rehfues beim Ministerium für ihn eine Unterstützung, um ihm die Möglichkeit zu verschaffen, in den Sammlungen einer grösseren Stadt und im persönlichen Verkehr mit bedeutenden Männern seines Faches sich weiterzubilden. Müller selbst zog es nach Paris, der Minister aber knüpfte an die Gewährung jener Unterstützung die Bedingung, dass er sich zur Ausbildung für das akademische Lehrfach nach Berlin begebe. Dort hat Johannes Müller dann vom Frühjahr 1823 bis zum Herbst 1824 geweilt und dieser Aufenthalt hat für seine ganze spätere Richtung eine entscheidende Bedeutung gewonnen, namentlich infolge des Einflusses, welehen Rudolphi auf ihn gewann. Ist es doch diesem Einflusse vornehmlich zuzuschreiben, dass Johannes Müller sich aus den Banden der naturphilosophischen Anschauungen befreite, welche in seinen Erstlings werken noch sehr stark vorherrschen, und sich zu jener ruhigen Objectivität durchrang, welche seine späteren Arbeiten ausezzeichnet. In Berlin war es auch, wo er im Winter 1823-1824 die medicinisch-chirurgischen Staatsprüfungen bestand.

Am 18. October 1824 habilitierte Johannes Müller sich als Privatdocent für Physiologie und vergleichende Anatomie an der Universität Bonn, deren grösste Zierde er bald wurde und an welcher er bis zum Jahre 1833, als Lehrer und Forscher gleich erfolgreich, thätig war. Bereits zu Anfang des Jahres 1826 erhielt

er, noch nicht 25-jährig, den Titel eines ausserordentlichen Professor's und im Juli 1830 wurde für ihn, ohne dass eine Vacanz eingetreten war, eine ordentliche Professur geschaffen, nachdem er sich inzwischen im April 1827 zu Coblenz mit Maria Anna Zeiller, Tochter eines Kreis-Directors aus Simmern auf dem Hundsrück, vermählt hatte.

Als im November 1833 Rudolphi starb, verwandte sich die philosophische Facultät der Berliner Universität dafür, dass Johannes Müller zu seiner Nachfolge berufen würde. Aber auch Müller selbst wandte sich an den Minister mit einem Schreiben, in welchem er sich um diese Nachfolge bewarb, indem er ausführte, dass die Entscheidung über Rudolphi's Nachfolge bestimmend sei für die zukünftige Entwickelung der Anatomie in Deutschland, entscheidend aber auch für seine eigene Zukunft: ob ihm die Möglichkeit gegeben würde, seine Fähigkeiten in einem grossen Wirkungskreise zu voller Entfaltung zu bringen oder nicht. Dieses Schreiben ist für seinen Verfasser und für dessen Auffassung der damaligen Aufgaben eines Anatomen und zwar speziell desjenigen an der Berliner Universität so charakteristich, dass ich es mir nicht versagen kann, dasselbe hier zum nochmaligen Abdruck zu bringen :

<< Der Tod meines väterlichen Freundes hat mich hart betroffen. Sein grosses Beispiel hatte mich einst den ganzen Ernst der Begeisterung für meine Wissenschaft fühlen lassen. Meine Verehrung, meine Dankbarkeit folgen ihm über das Grab bis an das meinige. Indem ich dem Verlust eines so theuren Mannes entgegensehen musste und nachdem ich und so viele und die Wissenschaft ihn verloren, ist es mir lange schwer geworden, an mich selbst zu denken und meine Wünsche. Schon lassen sich manigfache Gerüchte vernehmen, wer seinen Platz zu ersetzen berufen oder würdig sei, Ferne und hiesige Freunde spornen mich an, auch Schritte zu thun, und noch hatte ich es nicht gewagt, Ew. Excellenz meine ehrerbietigen Wünsche in dieser Angelegenheit vorzulegen.

« Alle mit dem Stand der Wissenschaft und der Verdienste Bekannte werden darin einstimmig sein, dass von den älteren Anatomen keinem dieser Rang gebühre, als Meckel. Unter den jetzt lebenden Aelteren ist er es allein, der der Wissenschaft einen grossen und mächtigen Impuls gegeben und neue Wege betreten hat. Er hat grosse Sammlungen gegründet, aber nicht gewöhnlicher Sammlersinn hat ihn belebt. Die grosse Masse der Thatsachen, die vor ihm lag, hat er geistig durchdrungen. Während ehrenwertbe Männer um ihn her längst betretene Wege mit Fleiss, Ausdauer und Sammlersinn gegangen sind und sich Verdienste erwarben die Keinem fehlen, welcher mit Treue die Natur beobachtet,

« AnteriorContinuar »